Viele Muslime kennen sie auswendig und sagen sie regelmäßig auf – die schönsten Namen Allahs. Sie benützen dafür eine Kette aus 33 oder 99 Perlen, die sie durch die Finger gleiten lassen. Bei jeder Perle wird ein Name leise oder laut gesagt. Dieses „Denken an Allah“ spielt in der muslimischen Alltags-Frömmigkeit, aber auch in der islamischen Mystik (Sufismus) eine erhebliche Rolle. Das Aufsagen und Meditieren der Namen gilt als verdienstvolle Handlung. Einige Koranverse sprechen von diesen „schönsten Namen“, z. B. 59,23-24: „Er ist Gott, außer dem es keinen Gott gibt, der König, der Heilige, der Inbegriff des Friedens, der Stifter der Sicherheit, der alles fest in der Hand hat, der Mächtige, der Gewaltige, der Stolze. Preis sei Gott! (er ist erhaben) über das, was sie (ihm) beigesellen. Er ist Gott, der Schöpfer, der Erschaffer, der Bildner. Sein sind die schönsten Namen.“ (Khoury) Vermutlich richtete sich der Ausdruck „schönste Namen“ ursprünglich polemisch gegen Polytheisten, die solche Namen den Götzen verliehen oder Allah Namen gaben, die nicht zu ihm passten (Khoury). – Die Liste der 99 Namen ist sehr alt, denn sie taucht bereits in einem Mohammed zugeschriebenen Ausspruch auf, der von dem Traditionssammler Tirmidhi auf Abu Hurayra als ersten Gewährsmann zurückgeführt wird. Die Namen Allahs waren und sind auch für die muslimischen Theologen wichtig. Diese unterscheiden die 99 Namen von dem Namen „Allah“ (als hundertsten Namen), der für sie mehr ist als ein Name. Er bezeichnet für sie das tiefste „Wesen“ Allahs, das dem Verstehen des Menschen letztlich entzogen ist. Die anderen Namen bezeichnen dagegen „Eigenschaften“ Allahs. Über das Verhältnis dieser Eigenschaften zum Wesen Allahs wurde sehr kontrovers diskutiert. Ein anderes Problem bestand für die Theologen darin, dass die meisten Namen ein personales Wesen umschreiben, z. B. „Der König“. Es wurde deshalb immer hinzugefügt, dass Allah natürlich nicht wie ein irdischer König ist, sondern „ganz anders“. Denn die Frage, ob man sich Allah überhaupt personal vorstellen dürfe, ist bei den Theologen höchst umstritten. Die „99 schönsten Namen“ sind aus dem Koran und der islamischen Überlieferung entnommen bzw. aus Verben abgeleitet. Manche wirken etwas gekünstelt. Der Ausdruck „schönste Namen“ kann auch so verstanden werden, dass es noch weitere Namen für Allah gibt. Die Reihenfolge der Namen und ihre sprachliche Gestalt im Arabischen haben sich im Lauf der Zeit als einigermaßen feststehend herausgebildet. Bei der Übersetzung in andere Sprachen spielte oft schon eine bestimmte Auslegung eine Rolle. In verkürzter Form handelt es sich um folgende Namen:

(1) Der Barmherzige, (2) Der Erbarmer, (3) Der König, (4) Der Heilige, (5) Der Frieden, (6) Der Sicherheit Gebende, (7) Der Beschützer, (8) Der Würdige, (9) Der Allmächtige, (10) Der Stolze, (11) Der Schöpfer, (12) Der Urheber, (13) Der Gestalter, (14) Der Verzeihende, (15) Der Bezwinger, (16) Der Schenkende, (17) Der Versorger, (18) Der Eroberer, (19) Der Wissende, (20) Der Zupackende, (21) Der Ausbreitende, (22) Der Erniedrigende, (23) Der Emporhebende, (24) Der stark Machende, (25) Der Demütigende, (26) Der Hörende, (27) Der Sehende, (28) Der Richter, (29) Die Gerechtigkeit, (30) Der Freundliche, (31) Der Kundige, (32) Der Sanftmütige, (33) Der Gewaltige, (34) Der Vergebende, (35) Der Dankbare, (36) Der Hohe, (37) Der Große, (38) Der Bewahrer, (39) Der Ernährer, (40) Der Berechnende, (41) Der Majestätische, (42) Der Würdevolle, (43) Der Überwacher, (44) Der Antwortende, (45) Der Umfassende, (46) Der Weise, (47) Der Liebende, (48) Der Prächtige, (49) Der (ins Leben) Sendende, (50) Der Zeuge, (51) Die Wahrheit, (52) Der Anwalt, (53) Der Starke, (54) Der Feste, (55) Der Schutzherr, (56) Der Preiswürdige, (57) Der Rechner, (58) Der Hervorbringende, (59) Der Zurückbringer, (60) Der Lebendigmacher, (61) Der Tötende, (62) Der Lebendige, (63) Der Beständige, (64) Der Finder, (65) Der Ruhmreiche, (66) Der Eine, (67) Der Ewige, (68) Der Mächtige, (69) Der Fähige, (70) Der Vorwärtsbringer, (71) Der Aufhaltende, (72) Der Erste, (73) Der Letzte, (74) Der Äußere, (75) Der Innere, (76) Der Herrscher, (77) Der (hoch) Erhabene, (78) Der Fromme, (79) Der Umkehr Verursachende, (80) Der Rächer, (81) Der Begnadigende, (82) Der Nachsichtige, (83) Der Inhaber der Herrschaft, (84) Der Inhaber von Majestät und Ehre, (85) Der das Rechte Zuteilende, (86) Der (alles) Zusammenfassende, (87) Der Reiche, (88) Der reich Machende, (89) Der Geber, (90) Der Verwehrende, (91) Der Schädigende, (92) Der Nützende, (93) Das Licht, (94) Der (recht) Leitende, (95) Der (neues) Hervorbringende, (96) Der (ewig) Bleibende, (97) Der Erbende, (98) Der Vernünftige und (99) Der Geduldige.

Die Namen lassen sich in fünf Gruppen einteilen. Die erste Gruppe umfasst Namen, die Allahs Einheit, Heiligkeit und Andersartigkeit zum Ausdruck bringen (z. B. Der Heilige, Die Wahrheit, Der Preiswürdige, Der Lebendige, Der Eine, Der Ewige und Das Licht). Die zweite Gruppe umfasst Namen, die seine Schöpfertätigkeit bezeichnen (z. B. Der Schöpfer, Der Urheber und Der Gestalter). Verwandt sind damit drittens die Namen, die Allahs unbeschränkte Macht umschreiben (z. B. Der König, Der Bezwinger und Der Gewaltige), und viertens die vielen Namen, die von ihm als dem Richter sprechen (Der Wissende, Der Demütigende, Der Richter, Der Berechnende, Der Überwacher, Der Zeuge und Der Rächer). Eine fünfte, große Gruppe drückt Allahs Großzügigkeit im Schenken aus, die wiederum mit seiner Macht zusammenhängt (Der Barmherzige, Der Beschützer, Der Verzeihende, Der Versorger, Der Bewahrer, Der Liebende, Der Nachsichtige und Der (recht) Leitende). – Merkwürdigerweise fehlt der durchaus geläufige Name „Herr“.

Viele Namen wirken durchaus biblisch, sind aber aus dem islamischen Zusammenhang heraus zu verstehen. Im Islam sind alle Namen Allahs seiner absoluten Freiheit zugeordnet, die ihn vom Menschen unterscheidet. In der Bibel drücken dagegen die Namen und Eigenschaften Gottes seine Zuwendung zum Menschen in Schöpfung, Gnade und Gericht aus. Gott schuf den Menschen „zu seinem Bild“ (1.Mose 1,27), weil er die Gemeinschaft mit den Menschen sucht. Das kommt gerade in dem Namen „Vater“ zum Ausdruck – bereits im Israel-Bund und erst recht im Jesus-Bund. Es ist sicher nicht zufällig, dass dieser „schönste“ biblische Name für Gott unter den 99 Namen für Allah fehlt. Die 99 Namen für Allah und der „fehlende 100. Name“ sind für Christen eine gute Möglichkeit, mit Muslimen über das tiefste Wesen Gottes zu sprechen. Wir können bezeugen, dass wir von der liebevollen Zuwendung Gottes in Jesus, seinem „eingeborenen Sohn“, in Zeit und Ewigkeit leben. Um Jesu willen und im Glauben an ihn hat Gott uns zu „Söhnen und Töchtern“ angenommen. Gott ist „unser Vater“, den wir ehren und dem wir vertrauen. Vom Namen „Vater“ her bekommen für uns die Namen, die Gottes Macht, Einheit und Barmherzigkeit ausdrücken, eine Füllung, die viel tiefer ist als es die Namen für Allah im muslimischen Zusammenhang je aussagen könnten.

Orientierung 2010-02; 15.05.2010

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