Fatima* lernte im Flüchtlingslager am Horn von Afrika die ersten Christen kennen. Als ich sie traf, wollte sie mehr vom christlichen Glauben erfahren. Da sie als Analphabetin nicht die Bibel lesen konnte, begann ich ihr daraus vorzulesen. Eines Tages war sie ganz aufgeregt und erzählte mir, dass Jesus ihr im Traum begegnet war. „Jesus überreichte mir Gold. Gleichzeitig sprach er mir Worte vor und forderte mich auf, diese nachzusprechen. Das tat ich im Traum. Leider habe ich jetzt alles vergessen. Kannst du mir sagen, was Jesus sagte und was der Traum bedeutet?“

Innerlich betete ich: „Herr gib mit Weisheit, Fatima zu antworten. Ich will ihr nichts vorenthalten, was ich aus deinem Wort weiß. Gerne will ich ihr mehr vorlesen. Auf Traumdeutung bin ich allerdings nicht eingestellt, hilf mir“. Als ich sie fragte, ob sie nicht noch ein Wort wisse, das Jesus ihr gesagt hatte, erinnerte sie sich und nannte die Worte „Vater“ und „Brot“. Ich überlegte und schlug die Bibel in ihrer Muttersprache bei Matthäus 5 auf. Dann las ich ihr das Vaterunser vor. Sie war überwältigt: „Genau das hat Jesus zu mir gesprochen! Ich soll es täglich sprechen, es soll mein Gold sein.“ Ich las das Vaterunser erneut und wir beteten es sofort laut. Dann beteten wir es gleich noch einmal. Ich staunte, wie schnell sie es auswendig gelernt hatte. Als Muslima war sie gewohnt, islamische Gebete auswendig zu sagen. Nun hatte sie ein neues Gebet – einen neuen geistlichen Schatz.

Was ich ihr nicht zu erklären brauchte, ist die Tatsache, dass geschenktes Gold Liebe zum Ausdruck bringt, weil es das Hochzeitsgeschenk der Frau in ihrer Kultur ist. Jede Frau trägt Gold mit Würde. Es täglich zu tun, zeugt von großem Reichtum. Geistlichen Reichtum fand Fatima nicht nur im Vaterunser, sondern in der Liebe Gottes. Jetzt nutzt sie das Vaterunser, ihren geistlichen Schatz, täglich. Dadurch kam sie in eine Liebesbeziehung zu Jesus Christus, dem sie ihr Leben schenkte. Dieses tägliche Gebet half ihr mit Gott zu reden und sich den Herausforderungen des Alltags zu stellen und sie zu bewältigen. Jesus hatte zu ihr als muslimische Analphabetin so gesprochen, wie sie es verstehen konnte. Diesen geistlichen Schatz kann ihr niemand wegnehmen.

*geänderter Name

Orientierung 2011-05; 25.11.2011