Manch einer redet „in Rätseln“, als ob er eigentlich gar nicht verstanden werden wollte. Jedenfalls so unklar, dass man ihn nicht auf seine Aussagen festlegen, ihn nicht „beim Wort nehmen“ kann. – Und Gott?

Hörbar, sichtbar

Gott hat am Anfang die Menschen „nach Seinem Bild“ geschaffen; das bedeutet auch: als Seine Gesprächspartner. Von Anfang an hat Er mit ihnen geredet: Er hat sie gesegnet, beauftragt, ihnen eine Fülle von Lebensmöglichkeiten eröffnet und ihnen eine (einzige) Grenze gesetzt, sie gewarnt… Auch nachdem Er den unmittelbaren Kontakt zu ihnen abbrechen musste, hat Er immer wieder zu ihnen geredet. Außerdem hat Er Sich ihnen durch Sein Handeln „gezeigt“: sie konnten sehen, wie Er Seine Versprechen und Seine Gerichtsandrohungen wahr macht. Auf vielfältige Weise wurde und wird erkennbar: Gott hält Sein Wort!

 

Nahbar

Mit der Geburt von Jesus Christus erreicht Gottes Kommunikation mit uns noch eine völlig andere Dimension: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns…“ (Joh 1,14) – Gottes Wort – das, was Er uns sagen will – kommt in menschlicher Gestalt in unsere Weltgeschichte hinein. Gott will ganz offensichtlich von uns Menschen verstanden werden. Deshalb spricht Er im Reden und Handeln (und Leiden!) des Menschen Jesus zu uns.

 

Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob nicht ein Buch mit der Botschaft von Propheten gereicht hätte. Der lebendige Gott hat Sich eindeutig anders entschieden. Es war Ihm nicht genug, Boten zu schicken, die Seine Worte übermitteln. Er wollte, dass wir Ihn in Seinem Wesen verstehen – so weit das überhaupt für uns Menschen möglich ist. Darum sandte Er Seinen Sohn, an dem wir die Herrlichkeit und das Wesen Gottes erkennen, „ablesen“ können. (vgl. Hebr 1,1-3)

 

So bringt der Apostel Johannes in seinem ersten Brief staunend, dankend und anbetend zum Ausdruck, auf wie vielen Kommunikationsebenen gleichzeitig Gott Seine entscheidende Botschaft mitgeteilt hat: „Was von Anfang an war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens – und das Leben ist geoffenbart worden, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns geoffenbart worden ist…“ (1. Joh 1,1f) Gott spricht unsere wichtigsten Sinne an, durch die wir die Realität wahrnehmen: unser Hören, Sehen und Tasten.

 

Spürbar

Das ist es ja, warum wir Weihnachten feiern: der ewige, lebendige Gott kommuniziert mit uns, Seinen Geschöpfen, so eindrücklich und umfassend, wie es gar nicht mehr besser möglich ist. Seine Botschaft bringt Er uns hörbar, sichtbar, spürbar nahe. Was Gott uns als Geschenk anbietet: die Vergebung unserer Schuld und das ewige Leben, beweist uns, wie sehr Er uns liebt. Und dass Er sich solche Mühe macht, mit uns zu kommunizieren, zeigt uns noch einmal dieselbe Liebe von einer anderen Seite! An Weihnachten feiern wir im Grunde das wunderbarste Kommunikationsereignis der ganzen (bisherigen) Weltgeschichte!

 

Angreifbar

Das ganze Neue Testament betont sehr stark, dass Jesus Christus „mit Händen betastet“ werden konnte, dass Er wirklich leiblich auf unserer Erde anwesend war. Kranke, denen er die Hände auflegte, konnten Seine Leiblichkeit wahrnehmen – und die Kinder, die Er in Seine Arme nahm und segnete (Mk 10,16).

 

Aber auch für Seine Feinde war Er „angreifbar“: Die Soldaten, die Jesus gefangen nehmen sollten, legten die Hände an Ihn und ergriffen Ihn (Mt 26,50). So sehr war Er „antastbar“, dass man Ihn packen, foltern und töten konnte – und schließlich als Leiche vom Kreuz abnehmen, in Leinentücher wickeln und in ein Felsengrab legen (Mt 27, 59).

 

Auch als der Auferstandene konnte Er wieder „mit Händen betastet“ werden. Als Er Seinen Jüngern begegnete, erschraken sie und meinten, sie sähen einen Geist. „Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr bestürzt…? 39 Seht meine Hände und meine Füße, dass ich es selbst bin; betastet mich und seht! Denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr seht, dass ich habe. 40 Und als er dies gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Füße. 41 Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich wunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? 42 Sie aber reichten ihm ein Stück gebratenen Fisch; 43 und er nahm und aß vor ihnen.“ (Lk 24, 38-43)

 

Wenn wir verstanden werden wollen…

Als Menschen, die „Nachahmer Gottes“ (Eph 5,1) sein sollen, können wir von Gottes Kommunikationsweise zumindest viererlei lernen (trotz aller Unterschiede, die zwischen uns Menschen und dem lebendigen Gott bestehen):

 

1) Auch wir sollen das „Wort des Lebens“ auf vielerlei Arten weitergeben, möglichst ansprechend, verständlich, klar und deutlich – und so wahrhaftig, dass auch das, was wir weitersagen, „beim Wort genommen“ werden kann.

 

2) Gott hat uns berufen, dass wir als Personen Seine Zeugen sein sollen. Wir selber – als Einzelne und als Gemeinden – sind Gottes Brief an die Welt. (vgl. den Beitrag „Wie bringen wir’s rüber?“, S. 7)

 

3) Als Gemeinde unseres Herrn Jesus Christus, die ja Sein Leib ist, sollten wir beachten: die Botschaft des Evangeliums soll auch „betastet“ werden können. In unserem Zusammenleben sollen die Auswirkungen des Wortes Gottes erfahrbar und spürbar werden. Dabei geht es nicht darum, dass wir ein Theaterstück „Die perfekte Gemeinde“ vorspielen. In manchen Situationen sind es vielleicht Erkennen und Bekennen von Schuld, echte Umkehr und praktizierte Versöhnung, wodurch geistliches Leben konkret Gestalt gewinnt. Wie schön, wenn Gottes Liebe unter uns „mit Händen zu greifen“ ist!

 

4) Gott hat Sein „Wort des Lebens“ nicht in einer „unantastbaren“ Form zu uns rüber geschickt. In der Gestalt des Menschen Jesus Christus konnte es mit Händen betastet werden. Das hat es angreifbar und verletzlich gemacht. – Die Möglichkeit besteht, dass auch wir abgelehnt und verletzt werden, wenn wir den Menschen Sein Wort verständlich nahe bringen wollen. Gott schenke uns Mut, Liebe und Kraft, Seine Boten zu sein! Sein Geist kann uns helfen, unsere Ängste zu überwinden und uns nicht durch Leidensscheu abhalten zu lassen, das „Wort des Lebens“ zu bezeugen und zu verkündigen. Auch heute will Gott unser schwaches menschliches Zeugnis gebrauchen, um Menschen das Leben zu offenbaren.

           

Orientierung 2015-04; 30.11.2015
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