Arabisch: mala’ika (pl.), malak (sg.)

Der Glaube an die Engel gehört zu den grundlegenden Verpflichtungen der Muslime: „Wer an Gott, seine Engel, seine Schriften, seine Gesandten und den jüngsten Tag nicht glaubt, ist (damit vom rechten Weg) weit abgeirrt.“ (Sure 4,136; eine ähnliche Aufzählung: Sure 2,285), Den Engeln kommt im Islam eine große Bedeutung zu, weil nur durch sie die göttlichen Offenbarungen den Propheten übermittelt wurden. Ihre Existenz zu leugnen, wäre zugleich die Ablehnung der Propheten, der ihnen überbrachten Bücher und damit auch der von ihnen verkündeten Religion. Die Engel wurden vor den Menschen erschaffen (Sure 38,71-73) – nach dem Hadith aus göttlichem Licht (Nur). In dieser Gestalt können nur die Propheten sie sehen. Sie können aber nach Gottes Befehl auch Menschengestalt und andere Formen annehmen. Besonders in Menschengestalt sind sie verschiedenen Menschen erschienen, z. B. Abraham, Lot, Zacharias und Maria. Es gibt unzählig viele Engel. Sie essen, trinken und schlafen nicht und sind weder männlich noch weiblich. Am Tag des Gerichts werden die meisten von ihnen wie die Menschen sterben, nach dem zweiten Posaunenton aber wieder auferweckt, um ihren Auftrag zu erfüllen. Sie sind sündlos und ohne Neigung zum Bösen. Sie fürchten ihren Schöpfer (Sure 16,50), preisen ihn unablässig bei Tag und Nacht (Sure 21,20) und vollbringen alles, was ihnen befohlen wird (Sure 66,6). Sie bezeugen wie Gott selber, dass es keinen Gott gibt außer ihm (Sure 3,18). – Als nach der Erschaffung des Menschen Gott zu den Engeln sagte: „Werft euch vor Adam nieder!“, warfen sie sich alle nieder, außer Iblis (dem Satan). Der weigerte sich und war hochmütig. Er gehörte nämlich zu den Ungläubigen. (Sure 2,34; 38,74) – Hier klingt es so, als ob der „Satan“ ursprünglich einer der Engel gewesen sei; es gibt aber Muslime, die bestreiten, dass es im Islam „gefallene Engel“ gebe. Bekannt sind vor allem die vier höchsten und mächtigsten Engel, die allen anderen die Befehle Gottes weitergeben. – Von ihnen werden allerdings nur Dschibril und Mikail im Koran namentlich erwähnt (Sure 2,97+98):

Dschibril (Gabriel), der oberste Engel, überbringt den Propheten die göttlichen Offenbarungen. Er wurde auch zu Mohammed gesandt, um ihm den Koran zu offenbaren. – Wenn im Koran der „Geist Gottes“ (z. B. Sure 19,17) erwähnt wird, beziehen viele Ausleger diese Aussagen auf den Engel Gabriel.

Mikail (Michael) ist verantwortlich für die Vorgänge in der Natur (Regen, Wind etc.) und die Versorgung der Menschen mit ihrem Lebensunterhalt. Israfil eröffnet den Tag des Gerichts, indem er in die Posaune stößt; mit dem zweiten Posaunenstoß bewirkt er die allgemeine Auferstehung. Azrail ruft im Auftrag Gottes die Seelen der Menschen ab, wenn ihre Todesstunde da ist.

Außerdem kommt folgenden Engeln eine wichtige Bedeutung zu:

Die Thronengel tragen den Thron Gottes; am Tag des Gerichts werden es acht sein (Sure 69,17).

Die „ehrenhaften Schreiber“ (kiraman katibin – Sure 82,11+12 ): Jeder Mensch wird von zwei Engeln begleitet: Der an seiner rechten Seite schreibt alle seine guten Worte und Taten auf, der an seiner linken alles Schlechte (Sure 50,17-12). Diese Verzeichnisse der guten und bösen Taten werden den Menschen am Tag des Gerichts vorgelegt, und die Abrechnung erfolgt nach diesen Büchern.

Die Grabengel Munkar und Nakir befragen jeden Verstorbenen im Grab nach seinem Herrn (Gott), seinem Propheten und seiner Religion und peinigen diejenigen, die nicht die richtigen Antworten wissen, d. h. sich nicht zum Islam bekennen. Oft flüstern daher Angehörige den Sterbenden das Glaubensbekenntnis sowie die Antworten auf diese Fragen ins Ohr.

Die Paradies- und Höllenengel sind Wächter des Paradieses und der Hölle. Die Paradiesengel dienen den Gläubigen und schließen mit ihnen Freundschaft. Die Engel, die als Wächter über das Höllenfeuer eingesetzt sind (Sure 74,31), fügen den Höllenbewohnern Qualen zu (vgl. Sure 43,74-77).

Helfende Engel unterstützen die Gläubigen am Tag der Not. In der Schlacht von Badr verhalfen sie den Muslimen zum Sieg gegen die zahlenmäßig weit überlegenen Mekkaner (Sure 8,9+12). Auch Schutzengel erwähnt der Koran (Sure 6,61; 13,11; 82,10).

In Sure 2,102 werden Harut und Marut als „Engel“ erwähnt; manche Koranausleger verstehen das Wort hier aber in übertragenem Sinn und sehen in ihnen eher zwei Menschen mit guten Eigenschaften, Wissen und Macht.

Gläubige Muslime rechnen damit, ununterbrochen von den Engeln Gottes umgeben zu sein – zur Hilfe, zum Schutz, aber auch zur Kontrolle. Zugleich sind sie überzeugt von der Gegenwart anderer Geister, der Dschinn.

 

Orientierung 1993-03/04; 15.06.1993

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