Für manch einen sieht die Sache ganz einfach aus: Muslime glauben an einen einzigen Gott; Christen glauben an einen einzigen Gott; es gibt nur einen Gott – also können doch Muslime und Christen eigentlich nur an denselben Gott glauben!

 

Die erste Frage ist nicht, wie man anderen die Lehre von der Dreieinigkeit darbieten kann; vielmehr, ob man entschlossen ist, den Glauben der Kirche, in dem man lebt, getreulich zu bezeugen.
(Jens Christensen, Christuszeugnis für Muslime, S. 221)

Einiges, was über Gott gesagt wird, scheint diese These noch zu bestätigen: Bibel und Koran sprechen von Gott als dem Schöpfer, dem Allmächtigen, dem Allwissenden, dem Hohen und Erhabenen, der für menschliches Denken und Begreifen unzugänglich ist, dem Ewigen, dem Richter der Lebenden und der Toten … Kann es diesen vielen Gemeinsamkeiten gegenüber noch Unterschiede geben, die wirklich von Bedeutung sind? Sind das dann nicht geschichtlich bedingte menschliche Vorstellungen, die man getrost vernachlässigen kann – zumal ja Gott sowieso größer ist als alle menschlichen Gedanken über Ihn?

Das Neue Testament geht von einem ganz anderen Ansatzpunkt aus. Menschliche Überlegungen, wie Gott wohl sein muss, und theoretische Aussagen über Sein Wesen finden sich dort – wie in der gesamten Bibel – nur selten. Vielmehr wird ganz konkret erzählt, wie Gott gehandelt hat.

 

Gott in Jesus Christus

Ein Mann namens Jesus trat auf, begann öffentlich über Gott zu sprechen und sammelte eine Gruppe von Schülern um sich. Seine Jünger sahen seinen liebevollen aber auch kompromisslosen Umgang mit den Menschen, staunten über seine Wunder, verwunderten und entsetzten sich manchmal über seine Lehre – und fragten sich: „Wer ist dieser?” Petrus erkannte in Ihm den Christus, den verheißenen „Messias”, weil Gott es ihm offenbart hatte (vgl. Mt 16,15-17) – und konnte im nächsten Augenblick Gedanken äußern, die Gottes Plan mit Jesus völlig widersprachen (V. 21-23). Die Jünger hörten, wie Jesus den Anspruch erhob, mehr als Salomo zu sein, der doch den Tempel erbaut hatte – wie er Menschen die Vergebung ihrer Sünden zusprach, was doch eigentlich Gott vorbehalten war – wie er sich „Herr über den Sabbat” nannte und wie er sich als „der gute Hirte” bezeichnete – und damit eine Gottesaussage des Alten Testaments auf sich anwandte. Sie erlebten, wie Jesus immer erbitterter angefeindet wurde – und verfielen in Hoffnungslosigkeit und Angst, als ihr Meister gefangen genommen wurde und am Kreuz starb.

Die Nachricht von seiner Auferstehung konnten sie zunächst nicht fassen – bis er ihnen selber als der Auferstandene begegnete. Von der Schrift her erklärte er ihnen, wie sich in seinem Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen die Verheißungen des Alten Testaments erfüllt hatten, und sie erkannten den Rettungsplan, den Gott durch Jesus Christus ausgeführt hatte. Sie sahen, wie Gott Jesus Christus vor ihren Augen wegnahm, und erlebten, wie der Heilige Geist auf sie kam und sie befähigt wurden, in aller Öffentlichkeit die großen Taten Gottes in Jesus Christus mutig zu bezeugen. In Seinem Namen luden sie Menschen ein umzukehren, sich taufen zu lassen auf den Namen Jesu Christi und so Vergebung ihrer Sünden und die Gabe des heiligen Geistes zu empfangen (Apg 2,38). – Auch später trugen die Apostel nie ihre Gedanken über Gott vor, sondern bezeugten, was sie gesehen und gehört hatten (Apg 4,20). Wenn sie dabei von Gott, dem Vater, von Jesus Christus als Sohn Gottes und vom Heiligen Geist sprachen, entsteht nie der Eindruck, als sprächen sie von drei verschiedenen Göttern. Immer bezeugten sie den einen Gott in der wunderbaren Einheit seines Handelns.

„Die Kenntnis von Jesus Christus ist die einzige Grundlage, von der aus man sich der Lehre von der Dreifaltigkeit nähern kann.”
(Jens Christensen, Christuszeugnis für Muslime, S. 224)

Gottes einheitliches Handeln

Das Erlösungswerk wird verkündet als Tat des dreieinigen Gottes: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber” (2. Kor 5,19) – indem Christus „durch den ewigen Geist sich selbst makellos Gott dargebracht hat” (Hebr 9,14). – Daran, dass ein Mensch den wahren Gott erkennt, sind Vater, Sohn und Heiliger Geist beteiligt: „Gott, der da sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten, der hat es in unseren Herzen aufleuchten lassen zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.” (2. Kor 4,6) – Auch dass wir in einer lebendigen Beziehung zu Gott bleiben können, ist Geschenk des dreieinigen Gottes: Der Geist tritt für uns ein im Gebet (Röm 8,26), und Jesus Christus ist zur Rechten Gottes und vertritt uns (Röm 8,34).

Das ist auch die großartige Botschaft von Weihnachten: Nach dem Zeugnis des gesamten Neuen Testaments erkennen wir die Herrlichkeit Gottes nirgends anders als „im Angesicht Jesu Christi” – nicht weil wir uns blind stellen und nicht auch z. B. in der Schöpfung und in der Geschichte etwas von „Gottes Spuren” sehen wollten. Sondern Gott hat sich nur in Jesus Christus wirklich offenbart. Denn nur in Ihm hat Er unsere Sünde verurteilt, gerichtet und endgültig beseitigt, und nur durch den Glauben an Ihn bietet Gott uns Vergebung unserer Schuld und eine neue Beziehung zu Ihm selber an. Nur in dem, was Gott für uns eingesetzt und gelitten hat, um uns Sünder zu retten und in Seinem Sieg über Sünde und Tod hat Er Sein „wahres Gesicht gezeigt”: die Größe und Tiefe Seiner Liebe. – Wo geleugnet wird, dass Gott durch den Kreuzestod Jesu Christi uns Menschen mit sich selbst versöhnt hat, fehlt nach dem Zeugnis des Neuen Testaments nicht lediglich eine nebensächliche Aussage über Gott. Da wird das ganze Reden über Gott falsch, und es wird ein „Gott” nach menschlichem Denken verkündigt, der letztlich ein Götze ist, wie alle anderen von Menschen gemachten Götter.

Wer unter Muslimen Missionar sein will, muss zuerst sein eigenes Leben, Denken und Reden wirklich durch den Glauben an die heilige Dreieinigkeit prägen lassen.
(Jens Christensen, Christuszeugnis für Muslime, S. 230)

 

Nicht ohne den Heiligen Geist

Das wird aber kein Mensch aufgrund seines eigenen Nachdenkens erfassen. In seiner Erklärung zum dritten Artikel des Glaubensbekenntnisses schreibt Luther im Kleinen Katechismus: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Heiland, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten …” – Wenn Gott, der Vater, uns in Jesus Christus einen Brief geschrieben hätte, um sich uns vorzustellen, wir säßen aber im Dunkeln, würde uns das gar nichts nützen – es sei denn, Er würde uns durch den Heiligen Geist ein Licht anzünden, damit wir den Brief lesen können.

Wer selber erfahren hat, dass er durch das Wirken des Heiligen Geistes Gottes Versöhnungsangebot in Jesus Christus begreifen und ergreifen konnte, den möchte ich bitten: Beten und glauben Sie mit, dass der dreieinige Gott dasselbe Wunder auch an Muslimen tun kann! Und helfen Sie mit, dass auch Muslime in unserem Land die Möglichkeit bekommen, das Evangelium zu hören!

 

Orientierung 2002-05; 15.02.2000…

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