Gott ist unvorstellbar groß, für uns völlig unbegreiflich. Er ist unerreichbar weit weg: der Heilige von uns in unserer Mischung aus Gut und Böse. Darum kam Er zu uns

Weihnachtsrummel? – Sie meinen: „Es gibt zu viel Weihnachtsrummel?“ Ich denke, es ist eher zu wenig! Nein: nicht Einkaufsrummel! Eher so etwas wie damals, als in Berlin die Mauer „fiel“. Als Leute begeistert auf und über die Mauer geklettert sind, als „Wildfremde“ sich umarmt haben. Echte Freude, echter Jubel!

Wenn Er persönlich kommt

Wenn man mal versucht, sich das vorzustellen: Damals in Bethlehem, ungefähr im Jahr 0 unserer Zeitrechnung, ist in einem Baby Gott, der Schöpfer des Weltalls, auf die Erde gekommen! Gott hat nicht mehr nur Propheten geschickt, die Seine Botschaften überbringen sollten. Er hat nicht mehr nur in Vergleichen von Sich Selber geredet: „Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten.“ (Ps 103,13) Oder: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jes 66,13) Das sind schon wunderbare Aussagen und sie helfen, sich eine gewisse Vorstellung von dem ewigen, allmächtigen Gott zu machen, der für uns Menschen natürlich immer noch unvorstellbar bleibt!

Aber nun wurde ein Mensch geboren, der später von sich sagte: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ (Joh 14,6) Das heißt doch: Gott selber ist gekommen, „sichtbar“ geworden! Wir können Ihn selber kennenlernen.

Gott – sichtbar in einem Menschen? Dieser Gedanke wird im Islam vehement abgelehnt. Das kann nicht sein – obwohl für Allah doch nichts unmöglich ist. Aber für uns Menschen insgesamt ist das ja kaum zu fassen: Der Allmächtige sichtbar in einem Menschen, der hungrig und müde werden kann? Der Ewige sichtbar in einem Menschen, der sterben kann? Gott ist doch „größer“ als Jesus! – Gewiss: Jesus spricht von Gott als Seinem Vater und er spricht im Gebet mit Ihm. Und doch sagt Jesus: „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10,30) Zu seinem Jünger Philippus, der sich das auch nicht so richtig vorstellen konnte, und zu seinen anderen Jüngern sagte Jesus: „Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir“ (Joh 14,11).

In unserem Denken und Vorstellen stoßen wir hier an eine Grenze. Aber: wenn Gott will, dass wir Ihn so gut wie irgend möglich verstehen und Ihm „persönlich“ begegnen können, gäbe es dann einen besseren Weg als den: Mensch zu werden und als Mensch zu uns zu kommen? Und das ist der Weg, den Er offensichtlich gewählt hat, den die Bibel bezeugt – und von dem auch alte Weihnachtslieder sprechen: „Gott wird Mensch, dir, Mensch, zugute, / Gottes Kind, das verbind’t / sich mit unserm Blute.“ (EKG 36)

Wenn wir Ihm begegnen

Wenn wirklich Gott da ist, dann muss man doch furchtbar aufpassen und sich noch mehr Mühe geben, bloß nichts falsch zu machen und Ihm mit ganzem Einsatz zu dienen! – Nein, sagt Jesus: „der Menschensohn (damit meint er sich selber) ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene…“ (Mt 20,28). In Jesus Christus begegnet uns Gott als Einer, der nicht etwas von uns will, sondern der alles für uns gibt. Wir sollen erkennen, wie sehr Gott uns liebt! – Dann werden wir auch schon aus Liebe Einiges für Ihn tun.

Wenn Gott kommt, dann muss doch die Sünde verschwinden! – Ja, sagt Jesus. Aber nicht so, dass die Menschen, die gesündigt haben, verurteilt, verdammt, beseitigt werden. Jesus Christus ist gekommen, um die Menschen von der Sünde frei zu machen. Er will ihnen Vergebung schenken und ihnen helfen, dass sie nicht mehr als Sklaven der Sünde leben müssen.

Klar: was an Weihnachten angefangen hat, läuft auf Karfreitag hinaus, auf die Kreuzigung Jesu. Als Jesus Christus am Kreuz starb, wurde er aber nicht von einem „rachsüchtigen Gott“ an unserer Stelle bestraft, sondern: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber“ (2. Kor 5,19). – Was an Weihnachten angefangen hat, läuft aber auch auf Ostern hinaus, auf die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Damit hat Gott das Leben und Sterben von Jesus Christus bestätigt und gezeigt, dass es eine ewige Bedeutung hat: Wer sich dem gekreuzigten und auferstandenen Christus anvertraut, empfängt ewiges Leben!

Der größte Mauerfall

Was für Mauern sind damals umgestoßen worden! Die Mauer der Sünde muss uns nicht mehr von Gott trennen. Gott selber hat sie in Jesus Christus weggeräumt. Menschen können umkehren, vor Gott ihre Schuld bekennen und sich dankbar Seine angebotene Vergebung schenken lassen.

Wer so im Glauben die Mauer der Sünde „übersteigt“, entdeckt, dass auch die Mauer der falschen Vorstellungen über Gott durch Jesus Christus beseitigt wird: Gott ist nicht der gnadenlose Rächer – auch wenn Er völlig gerecht und unbestechlich ist. Gott ist nicht der willkürliche Herrscher, den das Schicksal Seiner Sklaven überhaupt nicht kümmert. Gott wird „sichtbar“ als der Liebende, der Menschen zu sich einlädt, der vergibt und neues Leben schenkt… wie Jesus sagte: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“

Eigentlich unvorstellbar. Unvorstellbar schön! Gott, unser Schöpfer, „knüpft bei uns an“, um Sich in Liebe mit uns zu verbinden. Er redet nicht nur in Vergleichen mit uns, um uns etwas verständlich zu machen. Er „redet“ in Taten, um uns zu retten und unser Leben neu zu machen.

Wer das erlebt hat, sollte eigentlich einen „Weihnachtsrummel“ – oder vielleicht besser: Weihnachtsjubel ohnegleichen veranstalten! Können wir uns dazu nicht gegenseitig anstiften? Damit auch „die Elenden (die Hoffnungslosen, Schuldbeladenen, Enttäuschten…) es hören und sich freuen“ (Ps 34,3).

Anknüpfungspunkte durch Team und Gemeinde

Jesus schickte seine Nachfolger zu zweit aus. Wiederholt wurde ich in eine Gemeinde eingeladen zur Vorbereitung einer Kalender-Verteilaktion. Da taten sich dann jeweils zwei zusammen, um die Kalender zu den Migranten zu bringen. Es ist auch meine Erfahrung, dass es zu zweit leichter geht, man sich gegenseitig ermutigt und mehr erreicht. Und wenn Christen der Gemeinde von unserem Dienst wissen, können sie gezielt beten, dass Gottes Geist durch das gedruckte Wort wirkt. Treten wir als Christen gemeinsam auf, so kann für Nichtchristen sichtbar werden, wie wir miteinander umgehen, ob die Liebe Gottes, von der wir reden, auch unser Miteinander bestimmt. Dabei darf auch unsere Schwachheit zutage treten und wie wir damit umgehen, wie wir einander wieder vergeben können. In einem Gebet drückt Jesus die große Bedeutung des Eisseins unter uns Christen aus: „Sie sollen eins sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21).

Orientierung 2010-05; 20.11.2010

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