Wer ist der „Heilige Geist“ im Koran?

Der Koran lehnt die Dreieinigkeit Gottes von Vater, Sohn und Heiligem Geist ab (Sure 5,73) und spricht von der Einheit Gottes (112,1-4). Die Bibel spricht auch von der Einheit Gottes (Mk 12,29), aber Gott offenbart sich und sein Wesen in drei Personen und gleichzeitig als ein einziger Gott (vgl. Mt 28,19; Joh 14,26).

Im Koran kommt der Heilige Geist nur an sehr wenigen Stellen vor. Im Folgenden sind alle Stellen aufgelistet:

1. „Ruuh-ul-Qudus“, d. h. Heiliger Geist, z. B. in Sure 16,102: „Sprich: So hat ihn [den Koran] der heilige Geist von deinem Herrn in Wahrheit herab gebracht, die Gläubigen zu stärken, und als eine Leitung und frohe Botschaft für die Moslems“.

2. „Ruuhanaa“, d. h. unser Geist; z. B. 21,91

3. „Ruuhul-‚Amiin“ d. h. der aufrichtige/treue Geist; z. B. in Sure 26,193: „und der getreue Geist hat ihn [den Koran] in dein Herz gelegt, damit du predigst in der deutlichen arabischen Sprache“.

4. „Al-Ruh’„ d. h. der Geist; z. B. 42,52

Muslime identifizieren diesen Geist als Engel Gabriel: „Sage ihnen: Wehe dem, der da ist ein Feind Gabriels, der dir, mit dem Willen Gottes, die Offenbarung eingegeben…“ (2,97), also mit einem Engel Gottes, der geschaffen wurde (17,85). Denn vorher hieß es ja in Sure 16,102; 26,193 (s.o.), dass derjenige, der die Offenbarung brachte, der Heilige Geist war. D. h. beim Heiligen Geist muss es sich um den Engel Gabriel handeln, der Mohammed Stück für Stück den Koran offenbarte, so die muslimische Schlussfolgerung. Ausdrücklich steht das aber nirgendwo im Koran und auch nicht in den Hadithen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Engel und der Geist werden getrennt erwähnt in ein und demselben Koranvers (16,2; 70,4; 78,38; 97,4) und auch in den Hadithen. Doch das scheint für muslimische Theologen kaum ein Problem darzustellen, da sie das als eine Art Parallelismus verstehen, was von christlichen Apologeten aber so nicht akzeptiert wird. Nach dem Koran steigen die Engel und der Geist (Gabriel) gemeinsam zu Gott hinauf auf einer Art Leiter, wenn er eines Tages die Menschen strafen wird (70,4; vermutlich Anlehnung an die Jakobsleiter vgl. 1.Mose 28,12). Die Engel und der Geist werden sich in Reihen geordnet aufstellen (78,38; wie es heute Muslime bei ihrem rituellen Gebet in der Moschee tun). Die Engel und der Geist stiegen in der Nacht „Al‘ Kadar“ (Nacht der Macht) im Fastenmonat Ramadan herab und Gabriel offenbarte Mohammed dabei die erste Koransure (97,4).

Aufgaben des Engels Gabriel

Mohammed sah den Engel Gabriel bei seiner ersten Offenbarung an einem hellen Horizont (81,23) und versuchte, mit diesem Vers den Vorwurf der Besessenheit abzuwehren: Es war der Engel Gabriel, der die Offenbarungsverse vom Himmel herab brachte. – In den Hadith-Sammlungen kommt der Heilige Geist fast nicht vor. Dagegen gibt es eine größere Zahl von Hadithen, die den Engel Gabriel erwähnen, der Mohammed auf der Himmelfahrt begleitet haben soll, während er sieben Himmel durchschritten und die Zahl der Pflichtgebete von 50 auf 5 heruntergehandelt haben soll (Al-Buchari 5.227). Gabriel half Mohammed den Koran zu rezitieren (z.B. Al-Buchari 3.126) und erscheint nicht, wenn Hundebilder im Raum sind (Al-Buchari 7.843).

Die häufige Verbindung von Jesus und dem Heiligen Geist im Koran

Interessant ist, dass der Heilige Geist vor allem dann erwähnt wird, wenn es um Jesus geht, z. B. um die Ankündigung eines Sohnes für Maria. Hier erscheint der Geist eindeutig in der Gestalt eines schön gebildeten Mannes (Engel Gabriel; 19,17). Andererseits wird der Vorgang der Empfängnis mit einem Anwehen durch „unseren Geist“ beschrieben (21,91). Es fällt weiter auf, dass der Heilige Geist besonders Erwähnung findet, wenn es um die Wundertaten und Überzeugungskraft geht, die von Jesus ausgingen. Gott rüstete Jesus speziell mit dem Heiligen Geist und Überzeugungskraft aus (2,87). Gott gab Jesus Wunderkraft und rüstete ihn mit dem Heiligen Geist aus (2,253). Gott gab Jesus den Heiligen Geist, damit er schon als Säugling den Menschen predigen konnte (5,110).

Ja, der Koran geht sogar so weit, Jesus selbst als Geist (Gottes) zu bezeichnen: „Wahrlich, der Messias, Jesus, Sohn der Maria, ist nur der Gesandte Allahs und Sein Wort, das Er Maria entboten hat, und von Seinem Geist“ (4,171; Koranübertragung von M. A. Rassoul).

Der Geist Gottes bei der Schöpfung des Menschen

Der Geist Gottes findet eine weitere Erwähnung im Koran, wenn es um die Erschaffung Adams geht (32,9). Gott haucht Adam mit seinem Geist an, weshalb alle Engel vor Adam anbetend niederfallen sollen (15,29; 38,72). Andererseits wurden nicht nur Jesus und Mohammed mit dem Geist ausgerüstet (bzw. mit Gabriels Hilfe ausgestattet), sondern auch andere, wie es Gott gefällt, damit sie den Islam predigen: „Auf seinen Befehl steigen die Engel mit dem Geist nieder zu denen von seinen Dienern, die ihm gefallen, damit diese predigen: Dass es außer mir keinen Gott mehr gebe; darum fürchtet nur mich“ (16,2; 40,15; 42,52). Der Heilige Geist (bzw. Gabriel) soll somit auch die Gläubigen leiten und zum Predigen des Islams ausrüsten. – Islamische Theologen sind der Ansicht, dass in allen Menschen noch im Embryoalter durch den Heiligen Geist der menschliche Geist geschaffen wird (Sahih Muslim 33.6893).

Interessante Fragen

Mohammed war sich bewusst, dass er nicht viel über den Heiligen Geist wusste. So lesen wir im Koran:Sie werden dich auch über den Geist befragen; antworte: Der Geist ist geschaffen auf den Befehl meines Herrn, und ihr versteht nur sehr wenig davon“ (17,85). Islamische Ausleger dieses Verses sprechen vom Geheimnis Gottes, das nicht gelüftet wurde. Diesem Unwissen hätte Mohammed als Prophet ja Abhilfe schaffen können, wenn er selber das Wissen gehabt hätte. Bevor der Geist (Engel Gabriel) zu Mohammed gesandt wurde, hatte dieser keine Ahnung von den Schriften und vom Islam, was nahe legt, dass er selbst ein Anhänger des Mekkanischen Götzendienstes war und keineswegs schon immer den „richtigen“ Glauben hatte, wie etwa viele Muslime behaupten: „So schickten wir auch dir einen Geist mit einer Offenbarung, nach unserem Befehl. Vorher wusstest du nichts von der Schrift und vom Glauben, welche wir als ein Licht eingesetzt, wodurch wir diejenigen unserer Diener, die uns gefallen, leiten wollen“ (42,52).

Beurteilung

Wie in der Bibel bei der Ankündigung und Empfängnis Marias vom Engel Gabriel und dem Geist Gottes die Rede ist, werden sie auch im Koran erwähnt, doch dort nicht klar unterschieden. Der biblische Bericht verbindet – und unterscheidet! – Engel, Geist und Sohn Gottes in einem Satz: „Der Engel (d. h. Gabriel; s. Lk 1,26 ) antwortete und sprach zu ihr (Maria): Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das von dir geboren wird, Gottes Sohn genannt werden“ (Lk 1,35 ). Hier wird in einem Satz einigen grundlegenden koranischen Aussagen widersprochen. Der Engel Gabriel ist nicht der Heilige Geist, und bei Jesus handelt es sich um den Sohn Gottes. Und zwar sagt das pikanterweise der Engel Gabriel, der den Koran offenbart haben soll, der darin die Gottessohnschaft von Jesus massiv bestreitet. Nach biblischem Zeugnis ist der Heilige Geist Gott selbst (2.Kor 3,17-18). Der biblische Heilige Geist überführt von Sünde und lehrt z. B., dass Jesus Christus für unsere Sünden am Kreuz sterben musste (1.Kor 2,2+3 und13+14). All das lehnt der Koran ab, und deshalb ist er nach biblischem Verständnis nicht von Gottes Geist inspiriert, sondern von einem widergöttlichen Geist. Muslime haben nicht den Heiligen Geist. Deshalb können Muslime ohne den Heiligen Geist auch nicht verstehen, was die Bibel lehrt. Der Heilige Geist ist im Gegensatz zu einem Engel überall gleichzeitig; er wohnt in den Gläubigen und stärkt sie, mutige Zeugen für den Sohn Gottes zu sein (Apg 1,8; 2,17). Der Geist Gottes macht Menschen zu Kindern Gottes, was im Islam abgelehnt wird (5,18). Deshalb können Muslime auch nicht zu Gott rufen: „Abba, lieber Vater.“ (Röm 8,15; Gal 4,6; 1.Joh 3,1-2). Sie haben deshalb auch keine bereinigte und versöhnte Beziehung zum lebendigen Gott (Joh 3,18). Weil Muslime den Heiligen Geist nicht in ihrem Leben haben, fehlt ihnen sowohl die Erlösung als auch die Gewissheit der Erlösung (Röm 8,16-17; Joh 3,5-6) – und deshalb sind Christen ihnen die Botschaft des Evangeliums schuldig.

 

Orientierung 2007-03; 15.06.2007
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