Im „Lexikon der Islamischen Welt“ (Hrsg. Klaus Kreiser + Rotraud Wieland. Völlig überarbeitete Neuausgabe, Stuttgart, Berlin, Köln 1992) heißt es auf Seite 132 ganz einfach: „Islam bedeutet Hingabe an Gott (Allah).“ Andere Quellen sprechen lieber von „Unterwerfung (unter den Willen Allahs)“, wieder andere von „Gott­ergebenheit“ – und zitieren dazu Goethe: „Wenn Islam Ergebung in Gottes Willen heißt, im Islam leben und sterben wir alle“. Etliche Muslime betonen in neuerer Zeit: „Das Wort Islam, ins Deutsche übertragen, bedeutet: Friedenmachen. … Ein Mensch, der dies verwirklichen will, ist Muslim, d.h. „einer, der Frieden macht.“ (www.enfal.de/krieg.htm – Quelle: Islamisches Zentrum München) – Was sagen die Wörterbücher zu diesen Thesen?

Wortbedeutung nach dem Lexikon

In der arabischen Sprache werden die einzelnen Wörter aus Wortwurzeln von (in der Regel) drei Konsonanten abgeleitet. Durch das Einfügen unterschiedlicher Vokale und das Anfügen von Vorsilben etc. können aus einer Wortwurzel bis zu 10 verschiedene „Stämme“ gebildet werden, die Wörter mit unterschiedlichen Bedeutungen ergeben. Das Wort „Islam“ ist abgeleitet von der Wurzel s-l-m. In der Grundform bedeutet das Verb (salima) „unversehrt, wohlbehalten sein“. Im IV. Stamm (aslama) werden als Bedeutungen angegeben: „1. übergeben, sich ergeben, sich hingeben, verlassen, verraten; 2. sich als Gott ergeben erklären, Muslim werden“. (vgl. Hans Wehr in seinem sehr gründlichen Arabischen Wörterbuch) – „islaam“, das dem IV. Stamm entsprechende Verbalnomen, bedeutet: „Hingabe (an Gott), Ergebung (in Gott)“; mit Artikel „al-islaam“ bezeichnet es „die Religion des Islam, das Zeitalter des Islam, oder die Gesamtheit der Muslime“. Jemand, der „islaam“ praktiziert, ist ein „muslim“. Von derselben Wurzel s-l-m werden etliche weitere Wörter abgeleitet: „sallama“, was unter anderem „grüßen“ bedeuten kann; „saalama“ mit der Bedeutung „Frieden schließen“, „istaslama“ – „sich ergeben, kapitulieren“… und als Substantive auch „salaam“ (Friede, Sicherheit) oder „salaama“ (Unversehrtheit, Wohlergehen, Gesundheit). Die Worte „islaam“ und „salaam“ stammen also von derselben Wortwurzel, bedeuten aber keineswegs dasselbe. Von der Wortbedeutung her ist die These: „Das Wort Islam… bedeutet: Friedenmachen“ nicht korrekt. – In der arabischen Sprache werden allerdings gerne Wortspiele verwendet. So kann auf einer islamischen Website erklärt werden: „Die Wortwurzel des arabischen Begriffs „Islam“ ist die gleiche wie die von Frieden [salam] und Ergebenheit [taslim]. Daher ist folgende Beschreibung ein erster Ansatz zum Verständnis des Islam: Frieden [salam] im Herzen erreicht man nur durch Ergebenheit [taslim] in den Islam (Gottes wahre Religion).“ – Ob das so stimmt, kann uns jedoch kein Wörterbuch beantworten. Lesen Sie zu der Frage, ob und in welcher Weise der Islam Frieden zu schaffen verspricht, bitte den Minikurs „Friede“ im Islam auf unserer Internetseite! Außerdem ist zu fragen: Ist nach islamischem Verständnis jeder „Gottergebene“ ein „Muslim“ (wie Goethes Aussage es nahelegt)?

Das Wort „Islam“ im Koran

„Islam“ vor Mohammed?

Im Koran wird an vielen Stellen ein „Islam“ vor und unabhängig von Mohammed erwähnt. Nach Sure 2,131f wird Abraham von Allah angesprochen: „Sei gottergeben!“ (aslim) – und er antwortet: „Ich habe mich dem Herrn der Welten ergeben“ (aslamtu). Abraham ermahnt auch seine Söhne: „… sterbt nicht, ohne (Gott) ergeben zu sein (muslimuna)!“ – Auch Lot (51,36), die Söhne Jakobs (2,133), Josef (12,101) und die Israeliten insgesamt (7,126) werden als „(Gott) Ergebene“ (muslimuna) bezeichnet. Nach Sure 46,15 könnte man annehmen, dass jeder Mensch, der sich Gott zuwendet und das Gute tun will, ein „Muslim“ sei: wenn einer sagt: „Herr! Halte mich dazu an, dass ich dir für deine Gnade … dankbar bin, und dass ich tue, was recht ist und womit du zufrieden bist! … Ich wende mich (reumütig) dir wieder zu und bin (einer) von denen, die sich (dir) ergeben haben.“ Nach der Aussage des darauf folgenden Verses wird solchen Leuten der Zugang zum Paradies gewährt.

Der „Islam“ Mohammeds

Viele Koran-Stellen sprechen jedoch nicht von einer allgemeinen Hingabe an Gott – die jeder Mensch nach eigenem Wissen und Gewissen konkret ausfüllen könnte. In Sure 5,4 sagt Allah zu Mohammed (im Kontext einer Reihe von konkreten Vorschriften): „Heute habe ich für euch eure Religion vollendet und meine Gnade an euch erfüllt und euch den Islam zur Religion gegeben.“ (Hervorhebungen von KM) In Sure 27,91f wird eine Verbindung hergestellt zwischen Koran und Islam: „… mir (Mohammed) wurde befohlen, einer von den Muslimen zu sein und den Koran vorzulesen. Wenn sich nun einer (durch ihn) leiten lässt, der tut es zu seinem eigenen Vorteil. Wenn aber einer irregeht, dann sag: Ich bin nur ein Warner.“ (ähnlich in 16,89) Zwar stützt sich Mohammed immer wieder auf die Gläubigen früherer Zeiten. „Sprich: ‚Wir glauben … an das, … was Mose, Jesus und den Propheten von ihrem Herrn gegeben worden ist; wir machen zwischen keinem von diesen einen Unterschied. Ihm sind wir ergeben‘ (Muslime)“. (3,84) Richtschnur für das, was „Islam“ bedeutet, ist aber nun allein der Koran, wie er durch Mohammed offenbart wurde, mit all seinen theologischen Aussagen und rituellen und moralischen Vorschriften (in Verbindung mit den Hadithen). Nach dem Koran ist „Islam“ nicht einfach eine allgemein religiöse „Ergebung in Gottes Willen“ – so dass wir alle „im Islam leben und sterben“. Hier irrte Goe­the – und hier wird er irreführend zitiert. Die Aussagen im Koran erscheinen auf den ersten Blick nicht eindeutig: zum einen kann scheinbar jeder Gottergebene als Muslim bezeichnet werden; letztlich ist aber doch nur der wirklich Muslim, der Mohammed als den entscheidenden Propheten und den Koran als Gottes end-gültige Offenbarung anerkennt. Diese Doppeldeutigkeit erklärt vielleicht, warum einige Muslime ernsthafte Christen als „Beinahe-Muslime“ ansehen, denen eben nur noch fehlt, dass sie Mohammed als Propheten anerkennen.

Das Selbstverständnis von Muslimen

Wie verstehen Muslime selber den „Islam“? – Hier finden wir während der ganzen islamischen Geschichte und auch heute eine große Bandbreite. Für viele war und ist „Islam“ die Unterwerfung unter das, was Allah als Schicksal für einen Menschen „aufgeschrieben“ hat; dieses Akzeptieren kann zu Resignation, aber auch zu einem gewissen Frieden führen. Für viele ist „Islam“ ein Rechnen mit der Realität Gottes und ein Wissen um die Verantwortung vor Ihm – eine Art „allgemeiner Frömmigkeit“. Für viele ist „Islam“ vor allem ein Praktizieren der „5 Säulen“. Wie weit dies Ausdruck einer „Herzensfrömmigkeit“ ist oder eher kulturelle Anpassung, wird von Person zu Person unterschiedlich sein. Für Andere bedeutet „Islam“, sich „mit Gut und Blut“ für die Sache Allahs einzusetzen – u. U. auch mit Gewalt. Islamische Mystiker (Sufis) sehen den eigentlichen Kern des „Islam“ in der Liebe zu Allah. – Wir können hier nur feststellen, dass Muslime selber sehr unterschiedliche Vorstellungen von „Islam“ haben – keineswegs nur im Sinne von „Friedenmachen“, aber auch keineswegs nur im Sinne von „Terrorismus“. Eines möchten aber wohl alle, die sich bewusst als „Muslime“ bezeichnen: „Gott ergeben sein, entsprechend Seinem Willen leben“.

Biblische Beurteilung:

Als Jesus Christus einmal gefragt wurde: „Was sollen wir tun, damit wir die Werke Gottes wirken?“ (Joh 6,28), antwortete er: „Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“ (V. 29) – Gott ergeben sein, entsprechend Seinem Willen leben („Islam“), bedeutet dann in biblischem Sinn, an Jesus Christus zu glauben als an den, in dem der lebendige Gott sich offenbart. Schon seit Adam und Eva hat Gott auf das Kommen dieses Erlösers hingewiesen. Viele prophetische Texte im Alten Testament kündigten ihn an. Alle menschliche Frömmigkeit, die Jesus Christus als den von Gott gesandten Erretter (wie Ihn die gesamte Heilige Schrift bezeugt) verneint oder an Ihm vorbeigeht, ist nicht „Islam“, wie Gott ihn will – sei es der „Islam“ eines Goethe oder auch der Muslime.

 

Orientierung 2015-01; 23.02.2015
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