In Deutschland besuchen rund 10 Prozent der muslimischen Kinder eine Koranschule. Wir gehen davon aus, dass in nahezu allen Moscheen Kurse angeboten werden. Der Koran, genauer gesagt das Rezitieren des Korans in Arabisch, der Sprache des Propheten, steht im Mittelpunkt – weniger das Verstehen. Einen einheitlichen Lehrplan gibt es nicht. Die Diaspora-Situation lässt dem Lehrer mehr Spielraum – natürlich wird die Ideologie vom übergeordneten Verband mitbestimmt. Kinder muslimischer Eltern gelten von Geburt an als Muslime. Ein späteres Bekenntnis oder eine Bekehrung ist nicht nötig. Aus Sorge vor schädlichem Einfluss der freiheitlich-westlich geprägten Welt schicken manche Eltern ganz bewusst ihre Kinder zur Koranschule. Was wird den Kindern dort beigebracht? Werden sie etwa indoktriniert, ihnen radikale Meinungen vermittelt? Weder das Schulamt noch das Kultusministerium wissen, was genau unterrichtet wird.

WANN ERFOLGT DER UNTERRICHT, WAS BEINHALTET ER?
In der Regel bietet der örtliche Imam oder Hodscha an Wochenenden den Unterricht an. Auch Ferienzeiten werden gezielt genutzt. 2008 bekamen z. B. in Wien 80 Kinder Unterricht in arabischer Sprache, Koranlesen, islamischer Ethik und religiös korrektem Verhalten – vier mal pro Woche, für je zwei Stunden. Von 12-, von 14-Jährigen wird berichtet. Anscheinend werden aber die Kinder in unterschiedlichem Alter und unterschiedlich oft und lange zum Koranunterricht geschickt. Für Mädchen gilt es, neben dem Koran das Kochen, Stricken und Haushaltspflichten zu lernen – ganz traditionell. Ab der Geschlechtsreife sollen Mädchen das Kopftuch tragen. Die Kinder lernen zunächst das arabische Alphabet kennen, um schließlich die arabischen Worte des Korans ablesen zu können. Und dies in möglichst gutem Arabisch, das die Schönheit des heiligen Textes unterstreichen soll. Daneben lernen sie die Überlieferungen des Propheten (Hadithe) kennen und oft auch das islamische Recht (Scharia) als allein gültige Rechtsordnung. Sie üben, wie rituell korrekt gebetet wird. Ihnen wird beigebracht, was sittlich und moralisch richtiges Benehmen (türk: ahlak) ist, was erlaubt (halal) und verboten (haram) ist. Manche besonders begabte Schüler lernen den ganzen Koran auswendig. Sie bekommen die Gelegenheit, beim Freitagsgebet oder anlässlich eines Festes ihr Können vorzuführen, was zugleich die Kompetenz des Imams zeigt.

WARUM IN ARABISCH?
Muslime sind der Auffassung, der Koran könne korrekt nur in dem einzigen heiligen Stil in Arabisch rezitiert werden. Er sei in vollkommener Sprache geschrieben und könne deshalb nur so in seiner direkten Bedeutung verstanden werden. Ibn Rassoul: „Worte, Stil und Inhalt der Qur‘ans sind nachweisbar übermenschlich“. I. A. Abu-Harb fügt dazu: „Seit der Quran vor vierzehnhundert Jahren offenbart wurde, war niemand in der Lage, ein einziges Kapitel wie die Kapitel des Quran zu erdichten, in ihrer Schönheit, der ausdrucksvollen Sprache, Pracht, weiser Gesetzesgebung, wahrer Information, wahrer Prophezeiung und anderen Vollkommenheiten.“ Islamische Gelehrte sind überzeugt, die Korantexte sind nicht zu übersetzen, über Jahrhunderte hinweg durfte der heilige Koran nicht übersetzt werden. Übersetzungen, die es heute gibt, werden lediglich als Kommentar, als Annäherung, als ungefähre Wiedergabe der Bedeutung des Korans angesehen. So wird verständlich, wenn bereits das Rezitieren des originalen arabischen Textes für Muslime ein Akt der Gottesverehrung ist, auch wenn er nicht verstanden wird. Außerdem gilt das Rezitieren von Korantexten als gute Tat, die am Tag des Gerichts positiv angerechnet wird.

VERBOT VON KORANSCHULEN?
In der Türkei hat Staatsgründer Atatürk die Koranschulen verboten. Staat und Religion sind seit 1926 getrennt. Koranschulen privater Vereine und Sekten – wie zum Beispiel der Süleyman-Sekte – sind ganz verboten, Korankurse der staatlichen Religionsbehörde dürfen erst nach Ende der regulären Schulpflicht besucht werden. Doch die derzeitige AKP-Regierung fördert aktiv die Unterweisung nach koranischen Prinzipien. Ministerpräsident Erdoğan kämpft gegen Abtreibung, gegen den Missbrauch von Alkohol, will keine gemischten Studenten-WGs. Islamisch-konservative Werte sollen von den Jugendlichen akzeptiert werden. In Deutschland unterliegen die Koranschulen nicht der Schulaufsicht. Die Kultusministerien weisen auf das Grundrecht der Glaubensfreiheit hin. Die Milli-Görüş-Moscheen und ihre Koranschulen gelten als konservativ. Ulrich Seiser vom bayerischen Kultusministerium ist manchmal etwas skeptisch gegenüber Koranschulen, er hat den Verdacht, dass „Schüler in bestimmter Weise indoktriniert werden“. Neben dem Schutz vor unmoralischem Lebenswandel geschieht eine Einschwörung auf die Lehren des Islam. Wir müssen davon ausgehen, dass auch der „Heilige Krieg“ (Dschihad) gegen die Ungläubigen thematisiert wird. Ebenso die Anweisung aus Sure 90, sich keinen von den Ungläubigen zum Freund zu nehmen, ehe er nicht auf Allahs Weg ist. Selbst wenn an öffentlichen Schulen islamischer Religionsunterricht von qualifizierten Lehrkräften unterrichtet wird – Studiengänge für Islamische Theologie an deutschen Hochschulen wurden 2011/2012 eingerichtet – werden islamische Verbände kaum davon ablassen, weiterhin Korankurse anzubieten.

BIBLISCH-CHRISTLICHE SICHT
In christlichen Gemeinden wird darauf Wert gelegt, Kindern im Kindergottesdienst altersentsprechend Inhalte der Bibel zu vermitteln. Auch das Auswendiglernen einzelner Bibelverse hat darin seinen Platz. Es geht bei christlicher Unterweisung weniger um das Buch in seinen Ursprachen Hebräisch oder Griechisch, als vielmehr um eine Person. Jesus Christus steht im Mittelpunkt. Während Mohammed als Religionsstifter lediglich der Übermittler der offenbarten Schrift ist, ist Jesus Christus ihr Inhalt. Er spricht nicht nur Gottes Worte, Jesus ist das „Wort Gottes“ (Joh 3,34; Joh 1,1-3.10.14). Im Alter von 12 bis 14 Jahren wird in evangelischen Gemeinden der Konfirmanden-Unterricht durchgeführt – der Pfarrer erklärt im meist wöchentlichen Unterricht die wesentlichen Inhalte des christlichen Glaubens und der Praxis. Am Ende steht die abschließende Konfirmation, die jungen Menschen ein Bekenntnis zum Glauben abverlangt. In den Freikirchen gibt es den freiwilligen Biblischen Unterricht. Dem Lernenden bleibt es selbst überlassen, wann er in eine Beziehung mit Gott eintreten möchte. Das Auswendiglernen spielt in diesem Alter eine Rolle im Sinne von Sprüche 4,4-9 oder 3,1-2: „Vergiss nicht, was ich dir beigebracht habe: behalte meine Anweisungen im Gedächtnis…“ In erster Linie sollen die Eltern Glauben vermitteln und Vorbilder christlichen Verhaltens sein. Zusammenfassend gilt: „Jede Unterweisung der Gemeinde muss zur Liebe hinführen“ (1.Tim 1,5). Es ist muslimisch geprägten Teens und Jugendlichen zu wünschen, authentisch lebenden gleichaltrigen Christen zu begegnen. Da Gottes Rettungsplan alle Menschen einschließt, sollen auch junge Muslime davon hören. Interessierte sollten in Freiheit auch christliche Angebote der Unterweisung nutzen können. Ja, Jesus beauftragt Christen, ausnahmslos jedem Menschen von ihm zu erzählen.

Orientierung 2014-02; 01.06.2014
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