Ein Arabisch sprechender Mitarbeiter gibt Einblick, wie es ihm in Gesprächen im Chat-Room mit Muslimen geht. Ein Interview.

 

Du führst Gespräche mit Muslimen verschiedener Länder – wie häufig?

„Ja, Landesgrenzen spielen da keine Rolle. Die Gesprächspartner wohnen in Australien, im Orient, in Ägypten, irgendwo in Europa oder Amerika. Deshalb haben wir uns als Team auf bestimmte Zeiten im Chat-Room rund um die Uhr festgelegt. Ich bin in der Regel zweimal am Tag für je drei Stunden am Chatten.“

 

Was sind die häufigsten Diskussionspunkte?

„Es läuft fast immer gleich ab. Der muslimische Gesprächspartner lässt nicht zu, dass ich das Gespräch führe. Er selbst will Fragen stellen und sie gleichzeitig auch selbst beantworten. Die Themen sind verschieden: Bibelverfälschung, Ablehnung, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Wo steht es, dass Jesus Gott ist, oder wozu war es nötig, dass Jesus für andere sterben musste?“

 

Wie erreichst du denn das Herz deiner Gesprächspartner?

„Da ich meine Gesprächspartner nicht wirklich vor mir habe, sondern wir nur über das Internet kommunizieren, vermeide ich es, z.B. persönliche Fragen nach der Familie oder dem Wohlergehen zu stellen. Dies würde als unangenehm und frech zurückgewiesen werden. Mir kommt es darauf an zu erreichen, dass der andere zuhört. Ich lasse ihn fragen und fragen und reden. Ich warte, bis er fertig ist. Dann stelle ich meine Frage. Doch dann wiederholt er seine Fragen. Ich entgegne: ‚Bist du bereit, mir mal zuzuhören?‘ Wenn jemand dranbleibt, erzähle ich ihm eine Geschichte und erkläre dabei einzelne Begriffe oder Zusammenhänge, die ihm fremd sind. Denn Geschichten hören sie gerne. So versuche ich zuerst, offene Ohren zu gewinnen, dann das Herz. Das ist gut! Da ich den Koran gut kenne, könnte ich öfter daraus zitieren. Wenn ich es mit einem Imam oder Scheich zu tun habe, bringe ich gleich Zitate. Bei anderen halte ich mich damit zurück, sonst ‚geht‘ er weg. Ich will nicht das Gespräch gewinnen. Mein Gegenüber soll merken, dass er nicht klein ist oder erniedrigt wird. Dazu brauche ich Geduld. Ich muss nicht alles sagen, was ich vom Koran weiß. Ich vermeide es, jemanden zu überrumpeln und wünsche mir, dass er im Room bleibt und gerne wieder kommt.“

 

Bei welchen Web-Seiten kann man seine Fragen stellen?

„Da wäre für Arabisch sprechende www.hayatv.tv zu nennen.“ Für Türkischsprechende empfiehlt sich die Seite www.hristiyanturk.com.

 

Danke für das Gespräch! 

 

Orientierung 2012-04; 12.09.2012

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