Eine Migrantin erzählt, wie sie die Liebe und gleichzeitig die Überzeugungen von Christen erleben und hören wollte und zu einer wichtigen Entscheidung fand.

Mit fünf Jahren bin ich mit meiner Familie aus der Osttürkei nach Deutschland ausgewandert. Wir zogen zunächst in die Innenstadt einer bekannten Autostadt und im Jahr darauf in einen Stadtteil, wo wir für 21 Jahre schließlich wohnten. Regelmäßig veranstaltete in diesem Stadtteil ein Ehepaar, Mirjam und Holger, (Namen geändert) eine christliche Kinderstunde. Meine fünf Geschwister und ich nahmen gerne daran teil. Singen, Basteln, Reden, Spielen, Toben, Essen, Ausflüge und vieles mehr gehörten zum Angebot. Ich fühlte mich wertgeschätzt. Unseren ersten PC bekamen wir von Holger. Wir Kinder waren überglücklich. Aber mehr als die Zeit, die ich mit Donki Kong spielend verbrachte, stimmten mich persönlich die Stunden, die ich bei dem Ehepaar zu Hause verbringen durfte, zufrieden.

 

Eines Tages wurde mir klar, dass in der Wohnung von Mirjam und Holger eine Atmosphäre des Friedens herrschte, die ich daheim nicht kannte und die anziehend auf mich wirkte. Ich konnte ihnen gegenüber Kritik üben und sie nahmen mir das nicht übel. Zum Beispiel, wenn ich Themen wie christliche Mission in Südamerika und die Stellung der Frau ansprach. Als Jugendliche wünschte ich mir Wärme, Nähe und unbedingte Liebe von meinen Eltern. Die von mir stattdessen gefühlte Ablehnung brachte mich sogar in eine Sinnkrise. Ich fand schließlich diese Liebe in Jesus Christus. Dass er für mich aus Liebe am Kreuz gestorben ist, ist der größte Liebesbeweis.

 

Holger und Mirjam enthielten mir ihr Wissen über Jesus Christus und die Bibel nicht vor. Gleichzeitig drängten sie mir ihren Glauben nicht auf. Ich fühlte mich in meinen Entscheidungen und Einstellungen immer frei. Aber das, was ich durch sie und das Lesen der Bibel erfuhr, half mir, das christliche Deutschland und seine Traditionen zu begreifen. Endlich konnte ich das Christkind in der Krippe richtig einordnen, die Feiertage zueinander in Verbindung bringen usw. Ich denke im Nachhinein, dass Mirjam und Holger mir zugetraut haben, dass ich selber entscheiden kann und darf, was ich glauben und wie ich leben möchte. Ein Vorenthalten – aus welchen gut gemeinten Gründen auch immer – ihres Glaubens bzw. ihres Wissens, ihrer Einstellungen und Entscheidungen wäre meiner Meinung nach einer Bevormundung meiner Person gleichgekommen.

 

Ich bin froh, dass ich von Jesus Christus erfahren habe. Denn die Welt und die Menschen in ihr sind seit meiner Kindheit nicht besser geworden. Ich habe aber meinen Fokus auf Jesus Christus und seine Liebe zu mir. Das ist ein großes Glück. Niemand sollte dieses Glück einem anderen vorenthalten, auch nicht einem Flüchtling.

 

Orientierung 2016-02; 01.08.2016
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